1051€ Forschung

In unserem jüngt verabschiedeten Haushalt sind pro Mitarbeiter und Jahr ganze 1051€ Sachmittel vorgesehen. In einem Vorabvorschlag, der die dem Fachbereich zugeteilte Summe pessimistisch schätzte, waren es sogar nur 742€. Sachmittel sind natürlich Büromaterialen, Druckkosten, Telephonrechnungen und Hardware, aber auch Bücher, Zeitschriften und Reisekosten.

Ganz besonders der letzte Punkt ist bemerkenswert. Man fordert von unserem Fachbereich, auf international exzellentem Niveau zu forschen. Nach einhelliger Meinung ist es dafür unbedingt nötig, Konferenzen sowohl als Vortragender als auch als Gast zu besuchen, um seinen Horizont zu erweitern und Kontakte zu knüpfen. Diese finden natürlich meistens im Ausland statt, oft auch jenseits des Atlantik. Wie oft man von 1051€ abzüglich laufender Kosten in die USA fliegen, dort einige Tage schlafen und sich versorgen sowie die üblichen Admission Fees (kleine bis mittlere dreistellige Beträge) begleichen kann, kann sich ja jeder selbst ausrechnen.

Durch diese eklatante Knappheit drohen weitere Geldhähne zu versiegen: Die DFG hat Gerüchten zufolge bereits signalisiert, dass sie ihr Geld lieber dort investiert, wo der empfangende Fachbereich das Projekt aktiv unterstützt, als dort, wo sie die Forschung überhaupt erst ermöglicht. Wenn diese aus Sicht der DFG vollkommen verständliche Haltung Schule macht, haben wir ganz schnell auch dort echte Probleme, wo es jetzt noch unter dem Deckel kocht.

Schon vor etwa einem Jahr war eine Evaluierungskommission, die aus Vertretern der Universitäten Darmstadt, Karlsruhe und Zürich bestand, derart über die Zustände am Fachbereich schockiert, dass bei der Abschlussbesprechung sinngemäß geäußert wurde, der Fachbereich sähe neben den Instituten aus wie ein Slum. Offenbar ist die Situation also zum Beispiel auch in Karlsruhe, wo ebenfalls viele renommierte Institute ansässig sind, anders. Dort ist der Fachbereich das Zentrum des Wirkens. Man muss sich also fragen, warum Rheinland-Pfalz die Universität das Geld nicht wert ist.

Was können wir nun dagegen tun? Zunächst einmal wenig. Der Fachbereich bekommt nur endlich viel Geld und legt zur Zeit seine Priorität auf die Lehre. Es wird der Punkt kommen, an dem das Existenzminimum für die Forschung kritisch unterschritten wird – zumindest in solchen Arbeitsgruppen, die sich aufgrund der Natur ihrer Themen schwerer damit tun, private Geldgeber zu finden¹. Und dann muss das Geld anders verteilt werden. Es steht im Raum, die Übungsbetreuung im Pflichtbereich auf Saalübungen zu reduzieren, auch um politische Signalwirkung zu erreichen und Studenten auf die Lage aufmerksam zu machen. Bisher merken diese nämlich wenig von den Geldnöten des Fachbereichs. Dies käme der Opferung eines Jahrgangs für ein ungewisses Fernziel gleich. Es wird sich außerdem noch zeigen müssen, inwiefern einzelne Mitarbeiter und Professoren gegen ihren Arbeitgeber, also das Land Rheinland-Pfalz, wegen Verletzung vertraglicher Zusicherungen vorgehen können. Für Angestellte und Beamten bleibt auf jeden Fall immer nur der Dienstweg, wenn sie ihre Karriere nicht riskieren wollen. Es sind wir Studenten, die laut und ohne Angst vor Konsequenzen fordern müssen, unsere Universitäten nicht weiter zu zersparen.


¹ Was es für die universitäre Forschung bedeutet, wenn sie auf das Wohlwollen von Industrie und Wirtschaft angewiesen ist, muss man ausführlich und an anderer Stelle diskutieren.

6 Comments.

  1. Oliver Maschino

    Wir brauchen mehr Studierende! Wir haben super Forschung, gute Bedingungen, starke Institute und ein Betreuungsverhältnis, das sich international sehen lassen kann. Mehr Studierende, größerer Fachbereich, mehr Zuweisungen. Das ist ein primäres Ziel.
    Öffentlich muss endlich eine Stimmung herrschen, die der Bildung den Wert zuspricht, den sie verdient. D.h. nicht nur, dass die Landesregierung mehr Geld überweisen muss (was anteilig am Haushalt gar nicht so gering ist), der gesamte Kuchen muss größer werden.

  2. Dem letzten Satz stimme ich zu.

    Dem Eingang aber weniger. Es ist ziemlicher Unsinn, die Zuwendungen an den Studentenzahlen zu messen. Egal ob 50 oder 200 Studenten, die Vorlesung kostet (außer HiWis, und über die reden wir hier nicht) das gleiche. Das (hehre) Ziel muss sein, diese Bemessungsart loszuwerden, aber nicht, um jeden Preis mehr Studenten zu bekommen, nur um diesen wüsten Ansprüchen gerecht zu werden. Quantität ist nicht gleich Qualität; oft gilt das Gegenteil und im kleinen Kreis Ausgebildete erhalten eine wertvollere Ausbildung.

    Das soll übrigens nicht heißen, dass ich dagegen bin, mehr Leute für unser Fach zu begeistern – im Gegenteil. Aber es sollte dabei nicht um Geld gehen.

  3. So schlimm der allgemeine Zustand in KL ist (insbesondere die seit Jahren für Forschende nahezu unnütze Bibliothek), 1051 Euro pro WiMi und Jahr sind gar nicht so schlecht (und auch die geplanten 742 wären immer noch besser gewesen als die Nullrunde vor ein paar Jahren). Bei uns hier gibt es mit 1500 Euro nicht so viel mehr. Durch die fast garantierte Förderung durch den DAAD (früher DFG) sollte man sich sowieso eine “kostenlose” interkontinentale Reise pro Jahr leisten können (und es muss ja auch nicht immer jeder Autor anwesend sein, so dass auch die Leute aus den Teilen der Informatik, in denen mehr als ein, zwei Artikel pro Jahr üblich sind, damit zurechtkommen können).

    Man sollte auch nicht vergessen, dass das Land durch den Globalhaushalt leicht die Verantwortung an die Uni-Leitung zurückschieben kann, und dass zum anderen jeder medienwirksame Protest sich zu einem Plädoyer für Studiengebühren entwickeln könnte.

    Das Verhältnis zwischen Fachbereich und Instituten ist übrigens nicht aus der Finanzierung (oder dem Fehlen derselben) entstanden, sondern hat historisch-politische Gründe.

    Abschließend möchte ich anmerken, dass Olivers Satz “D.h. nicht nur, dass die Landesregierung mehr Geld überweisen muss [..], der gesamte Kuchen muss größer werden.” für mich keinen Sinn ergibt.

  4. Wenn das Geld wirklich obendrauf käme, spräche in meinen Augen relativ wenig gegen Studiengebühren. Ich sehe aber nicht, dass die Mittel vom Land unverändert blieben.

    Du hast wohl Recht; der Verteilungsapparat ist mittlerweile so aufgebaut, dass per Definition niemand Schuld hat. Das ist schon bedenklich.

  5. Oliver Maschino

    Höhere Studierendenzahlen sind deshalb notwendig, weil es Verteilungsmechanismen gibt, die nicht einfach so innerhalb weniger Wochen geändert werden. Das ist ein landesweiter Verteilungsschlüssel. Dass das System auf lange Sicht anders organisiert werden sollte, ist auch richtig, daran können wir hier jetzt aber eher weniger ändern.
    Studiengebühren hätten den Effekt, dass noch weniger Studierende am Fachbereich wären. Sinnvoll? Eher nicht. Gesamte Kuchen = Finanzieller Spielraum des Landeshaushaltes.

  6. Im Gegenteil. Das Anheben der Studentenzahlen dauert lange und erfordert viel (vorgeschossene) Kraft. Einen Verteilungsschlüssel kann man, Willen vorausgesetzt, innerhalb von Wochen per Dekret ändern. Dass man ganze Gesetze in kürzester Zeit aus dem Boden stampfen kann, wurde erst jüngst eindrucksvoll bewiesen.

    Hast du Belege für deine These, dass Studiengebühren die Studentenzahlen senken?

    Ich halte Bildung für eine der wichtigsten Aufgaben des Staates bzw. der Länder. Alle anderen Ansprüche sollten hinter ihr zurückstehen und erst dann bedient werden, wenn genug Geld in die Bildung geflossen ist. Zur Zeit fließt nicht genug, auf keiner Ebene.