Zum Fall Sarrazin und Integration

Thilo Sarrazin vor dem Titel seines neuen Buches (n24)

Ende August hat Thilo Sarrazin das Buch Deutschland schafft sich ab veröffentlicht. Durch sämtliche Medien zog schon vor der Veröffentlichung und zieht seitdem ein Sturm der Entrüstung, wie ich ihn in Deutschland lange nicht wahrgenommen habe. Menschen, die selbst nur kontextfreie Zitate aus den Medien kennen, maßen sich Kritik Vorwürfe an, die ich weder inhaltlich noch methodisch oder gar stilistisch für geeignet halte. Da wird der Straftatsbestand der Volksverhetzung in den Mund genommen, abwechselnd die Nazi- und Moralkeule geschwungen und Faktenignoranz betrieben.

Bei einigen Gruppen kann ich die automatische, panikartige, fast schon fanatische Ablehnung der Sarrazinschen Thesen verstehen, wenn auch nicht akzeptieren. Politiker können nicht zugeben, dass er Recht haben mag, da sie sonst das Versagen ihrer selbst zugeben müssten. Linke sehen Widersprüche mit ihrem Weltbild, das auf postulierter Gleichheit beruht. Beide Gruppen beeinflussen stark die Darstellungen der Medien, womit man schnell den Eindruck bekommen könnte, das ganze Land sei entsetzt über Sarrazins angeblichen Frevel. Tatsächlich scheinen viele Bürger ihm aber zumindest unter Vorbehalten zuzustimmen, siehe zum Beispiel hier.

Ich selbst habe das Buch auch nicht gelesen. Ich stütze mich daher im Folgenden auf Aussagen von Sarrazin selbst, die er in der Sendung hart aber fair – Rechthaber oder Rechtsausleger, die man sich auch online ansehen kann, machte. In selbiger Sendung gaben Michel Friedman und Asli Sevindim übrigens auch zahlreiche Beispiele für peinliche Möchtegernkritik. Letztere äußerte eingangs sogar sinngemäß, überhaupt keine sachliche Diskussion suchen zu wollen. Außerdem legten beide erschreckendes Unverständnis von statistischen Aussagen an den Tag; so versuchte Sevindim die von Sarrazin gesammelten Zahlen mit ihrem positiven Beispiel zu widerlegen, was natürlich Unfug ist. Damit steht sie leider Beispiel für die Mehrheit der Sarrazinverteufler, die ich bisher gelesen habe. Viele kluge Dinge hingegen wurden in der Sendung Sarrazins Erfolg – Versagen der Politik? von Maybrit Illner — Informationen und Video online — gesagt.

Eine oft gelesene These ist, Sarrazin würde rassisstisch vorgehen. Dabei wird oft seine Aussage (alleinstehend) zitiert, Juden teilten alle ein gemeinsames Gen. Diese Aussage hat er selbst als nicht hilfreich bezeichnet (siehe obige Sendung), obwohl sie inhaltlich vollkommen korrekt ist: alle Menschen teilen Gene, also auch Juden. Damit ist sie natürlich auch bedeutungsleer. Wollte man ein spezielles Gen postulieren, wären Juden als Religionsgemeinschaft, nicht Ethnie, sicher kein gutes Beispiel. Dass andererseits einzelne Ethnien Gene haben, die sie von anderen unterscheiden, ist offensichtlich; unterschiedliche Hautfarben, (Durchschnitts)Größen, Augenformen, Unverträglichkeiten und so weiter wird wohl niemand bestreiten. Wie ich es also drehe und wende, ist diese spezielle Sarrazinsche Aussage höchstens sinnlos, sicher aber nicht bösartig.

Sarrazin selbst betont in oben verlinkter Sendung mehrfach, dass er in seinem Buch gar keine Integrations- oder gar Intelligenzunterschiede anhand von Ethnien diskutiere, sondern anhand von Kulturen. Das ist ein großer Unterschied; so macht er Muslime als statistisch signifikante Integrationsscheiterer aus, und Muslime gibt es in einer Vielzahl von Ländern und Völkern, womit genetische Argumente überhaupt keinen Zugang finden können. Sollte Sarrazin selbst das in seinem Buch tun, muss ich ihm dort folglich widersprechen. Dass islamische Gemeinschaften gewisse auszeichnende Kulturmerkmale — insbesondere Werte — haben und pflegen, die sie von christlichen oder jüdischen abgrenzen, ist wohl unbestritten.

Sarrazin gibt eine Anleitung, wie Kritik an seinen Aussagen aussehen muss, und diese Ansicht teile ich. Er teilt seine Arbeit in Analyse, Wertung und Konsequenz ein. Unter Analyse fallen sicher Statistiken, derer er offenbar viele bemüht. Diese können natürlich falsch sein; Kritik kann also dort ansetzen und Fehler aufzeigen oder anderslautende Statistiken zitieren. Derartiges habe ich bisher nicht gelesen. Die anschließende Wertung basiert vermutlich auf Interpretation der Analyse und eigener Wahrnehmung. Diese muss man dann nicht teilen und kann andere Gedanken formulieren. Die Datenbasis selbst sollte aber die gleiche sein, hat man sich einmal auf sie geeinigt. In diese Kategorie fällt insbesondere die Suche nach Ursachen, warum Muslime sich im Mittel schlechter integrieren. Erst ganz am Schluss, wenn man sich also auf die Korrektheit gewisser Zahlen sowie eine Wertung geeinigt hat, kann man über Konsequenzen diskutieren, die vermutlich im Wesentlichen politisch und im Alltag zu ergreifen sind.

Was halte ich nun davon? Ich sehe mich nicht in der Lage, die mir auch nur teilweise bekannten Statistiken oder Fachquellen, die Sarrazin verwendet, zu prüfen. Ich möchte sie daher mal als gegeben annehmen, auch weil sie sich mit meinen (ländlichen) Erfahrungen decken. Wer mir erzählen will, er sei noch nie einem Deutschtürken begegnet, der ihn als “Scheiß Deutschen” und unser Land als “Scheiß Deutschland” bezeichnet, bei Widerworten sofort mit seinen Brüdern droht und überhaupt eine hohe Gewaltbereitschaft an den Tag legt, der ist möglicherweise sehr behütet aufgewachsen und war noch nie in Offenbach unterwegs. Ich möchte betonen, dass ich durchaus etwa gut integrierte Türken wahrnehme, die andere Gruppe scheint mir aber keine insignifikante Minderheit zu sein. Zahlen, die Kriminalitäts- und Schulabbruchsraten gegenüberstellen, belegen zumindest, dass Jugendliche türkischer Abstammung verhältnismäßig häufiger straffällig werden als die deutscher. Ob das nun an kulturellen Unterschieden oder unterschiedlichen Anteilen an sozialen Schichten oder beidem liegt, sagen diese Zahlen — natürlich — alleine nicht aus. Das Feststellen solcher Zustände muss aber genauso erlaubt sein wie das Stellen der Frage, warum man sie quasi mit Absicht herstellt, indem man Migration von einmal ausgemachten Problemgruppen weiter zulässt.

Ich stimme sicherlich nicht jeder Aussage Sarrazins zu. So sehe ich die wahrgenommene Verdummung mancher Bevölkerungsgruppen Deutschlands nicht allein und nicht mal hauptsächlich als Resultat (niedrigqualifizierter) Einwanderer an, da einheimische Menschen auch betroffen sind. Da sind kompliziertere Mechanismen am Werke; veränderter Medienkonsum und Arbeitsmarkt, Sozialhängematte (schöne Wortschöpfung), Leistungsfeindlichkeit, veränderte Maßstäbe und Ghettoisierung spielen da vermutlich wesentliche Rollen. Wenn überwiegend solche Menschen einwandern, die schon im Heimatland scheiterten, hilft das dem Trend sicher nicht, verursacht ihn aber auch nicht allein.

In seinem Konsequenzteil macht Sarrazin offenbar Vorschläge, die in Richtung staatlich organisierter Menschenzucht gehen. Derartiges mag eine objektiv und sachlich valide Lösung für einige Probleme sein; schließlich wendet man Zucht seit Jahrtausenden mit Erfolg bei Pflanzen und Tieren an. Es lässt sich aber in meinen Augen nicht mit Werten in Einklang bringen, die für unsere Kultur zentral sind, und muss daher ein Gedankenspiel bleiben. Es wäre doch paradox, unsere Kultur mit dem Vorwand, sie retten zu wollen, zu opfern. Paradox ist auch, dass wir Zucht beim Tier akzeptieren, beim Mensch hingegen ablehnen, aber das ist ein anderes Thema.

Man muss sich auch fragen, ob Zucht im konkreten Problem weiterhelfen kann; meines Wissens nach ist die biologische Vererbbarkeit von Intelligenz umstritten. Kulturelle Prägung ist aber auch etwas, was vererbt wird; nicht über das genetische Erbgut, sondern durch Vorbild und Erziehung. Insofern liegt die Vermutung nahe, dass Faktoren, die Integration oder Bildung behindern, tatsächlich von Eltern unmittelbar an ihre Kinder weitergegeben werden, sei es nun ein Intelligenzgen oder eine Bildungsaversion. Wäre das so und könnte man tatsächlich Elemente (konservativer) muslimischer Kultur ausmachen, die Integration oder Bildung besonders behindern, so wäre es in meinen Augen vollkommen valide zu folgern, dass gemessene Integrationsprobleme muslimischer Einwanderer erblich und damit auch über Generationen von Bestand sind, besonders wenn man Umgebungen mit wenig Vermischung, sogenannte Parallelgesellschaften, betrachtet. Gleiches träfe natürlich auch auf andere, möglicherweise einheimische Bevölkerungsgruppen zu. Müsste man also nicht regeln, wer Kinder zeugen, sondern wer sie großziehen darf? In Extremfällen regelt der Staat hier ja schon.

Sollte kein Problem sein (faz.net)

Wenn man sich aber zumindest für den ersten Teil des Buches, in dem Sarrazin wohl vornehmlich Integration analytisch behandelt, darauf einigt, dass er kein Schwätzer ist — die Wahrscheinlichkeit dafür halte ich für groß — wird man ihn wohl kaum als Hetzer bezeichnen können. Ein Ketzer wider politischer Korrektheit und Gleichheitsapostel, ja, aber das ist dringend nötig. Einwanderer, die nach drei Jahrzehnten im Land nicht oder nur gebrochen Deutsch sprechen, Erstklässler ohne Deutschkenntnisse, ausländische Wiederholungstraftäter, Einwanderer, die offen zugeben, nur für Sozialhilfe hergekommen zu sein — all sowas sollte es nicht geben dürfen. Dabei mache ich unseren Politikern der letzten Jahrzehnte Vorwürfe, nicht den problematischen Migranten. Sie mögen sich aus unserer Sicht zwar unanständig und manchmal dumm benehmen, handeln aus ihrer Sicht aber gnadenlos logisch und nachvollziehbar, man könnte sagen menschlich.

Ich teile gerne mein Heimatland mit Menschen, die es anderswo schlechter hätten, aber nur, wenn sie die hier etablierte Ordnung akzeptieren und leben — das fordere ich übrigens auch von jedem Einheimischen. Dass Deutsche, die auf Missstände  hinweisen, wüst beschimpft und von Medien und Teilen der Gesellschaft so unter Druck gesetzt werden, dass die meisten sich nicht mal öffentlich äußern mögen, halte ich für einen unerträglichen Zustand. Das ist Zensur, wenn auch nicht durch Staat und Justiz, sondern durch den wütenden Mob erwirkt. Und dieser Unterdrückungsprozess ist ein hausgemachtes, kein eingewandertes Phänomen. Es ist nämlich viel bequemer, Kritiker mundtot zu machen, als sich mit Problemen zu beschäftigen. Vielleicht — hoffentlich — ist die Debatte nun derart ins Rollen gekommen, dass sie nicht mehr unter den Teppich geschwiegen werden kann. Dazu kann dann sicher auch Thilo Sarrazins Buch inhaltlich beitragen, wenn man sich, wie Thea Dorn bei Frau Illner treffend vorschlug, auf die sinnvollen Teile konzentriert und nicht auf die strittigen, wie es bisher zu oft getan wurde.

Ich hoffe, dass einige Leser den langen Text durchgehalten haben und ich eine Grundlage für eine sachliche Diskussion legen konnte.

15 Comments.

  1. tl;dr

    Eigentlich gehört er schon entlassen, weil er Dienstressourcen (und damit meine Steuergelder) für so einen Scheiß verbraten hat. Zu seinem Privatvorteil.

    Egal was der Kerl vor der Kamera behauptet: Das Buch ist Stumpfsinn.
    Netter Schachzug, die Migrantengruppen gegeneinander auszuspielen (Russlanddeutsche sind schlau und integrierbar, die bösen Nahosteinwanderer sind Abschaum). Clever!

    Ich bin mit dem überfliegen des Buchs bis Seite 40 gekommen, da habe ich dann das gesuchte Zitat gefunden und dieses grausame Machwerk ganz schnell weggelegt. Auf dem Weg dahin hat Thilo S. aber schon jede logische Fehlfolgerung begangen die Wikipedia auflistet. Außerdem interpretiert er (selbst herausgesuchte Daten) sehr einseitig und selektiv und äußert Widersprüchliches.

    Auch wenn man die braune Scheiße hauchdünn über Walls of Text verschmiert und mit Weasel-Word-Sahne dekoriert bleibt sie genau das.

    Man sollte lieber eine Diskussion über die deutschen Qualitätsmedien anstrengen, dass sie einem solchen Müll eine Plattform und Awareness bieten. Wir haben doch genug echte Probleme und politische Diskussionen, die der Aufmerksamkeit bedürfen. Atomkraft, beispielsweise. Die verstrahlt gute aufrechte blonde blauäugige mathematiklernende Deutsche genauso wie die dumpfen, rammelnden Muselmanen.

  2. > Zahlen, die Kriminalitäts- und Schulabbruchsraten gegenüberstellen, belegen zumindest, dass Jugendliche türkischer Abstammung verhältnismäßig häufiger straffällig werden als die deutscher.

    Die von dir verlinkte Untersuchung besagt zum Beispiel, dass weniger türkische Jugendliche Diebstahl und Sachbeschädigung begehen als Deutsche ohne Migrationshintergrund.

    Außerdem beruht diese Untersuchung auf Aussagen von Jugendlichen selbst. Da müsste man die Prädisposition miteinbeziehen, dass evtl. türkische Jugendliche eher bereit sind, eine Gewalttat gegen Personen einem Interviewer gegenüber zuzugeben als Deutsche oder Russen.

    Andere gebrachte Zahlen beziehen sich auf “Ermittlungen” (nicht Verurteilungen) und können somit genau so gut als Indikator für einen Rassissmus deutscher Polizisten und Staatsanwälte dienen.
    Ich empfehle dazu mal folgendes Experiment: Gib folgende kurze Geschichte per Flüsterpost durch, so ca. 10 Stationen. “Ein Deutscher und ein Türke sitzen in der Pizzeria. Sie fangen an sich zu streiten. Der Deutsche zieht ein Messer und sticht den Türken ab. Die Polizei kommt und nimmt den Türken mit.”
    Nach 10 Stationen hat auf einmal der Türke das Messer gezogen. Warum? Na, ein Deutscher hat doch kein Messer in der Tasche. Ups, reingefallen.

    Alternativ mal den Begriff Ko-Korrelation recherchieren. Oder “cum hoc ergo propter hoc”.

  3. Ich mag anonyme Kommentierer nicht.

    Du kannst natürlich die Ausländerfeindlichkeitskeule schwingen (übrigens auch ein pauschalisierendes Vorurteil) und damit eine alternative Erklärung für bestimmte Zahlen bieten, die unwiderlegbar (und damit unwissenschaftlich) ist. Ob das die Diskussion weiterbringt, ist eine andere Frage.

    Wie oben angedeutet, sehe ich Probleme ursächlich eher mit dem Sozialstatus denn mit Herkunft verknüpft. Wenn Menschen bestimmter Herkunftsländer/-kulturen vermehrt niedrigen Status haben, kann man sich darüber Gedanken machen, warum das so ist. Die Erklärung, dass eben solche zum Teil gezielt für unsere Sozialleistungen einwandern, erscheint mir plausibel und wird auch von Betroffenen mitunter so geäußert.

  4. Ich schon.

    > die unwiderlegbar (und damit unwissenschaftlich) ist
    Aha. Mathematische Beweise sind unwissenschaftlich…

    Meine Interpretation ist nur eine mögliche von vielen (und sicher ganz leicht zu widerlegen), sie dient ausschließlich der Demonstration eines tertium datur, also der Möglichkeit einer anderen Interpretation der gleichen Daten als der von Dir angenommenen.

    Das richtig zu machen ist der Job von Soziologen, das können weder ich noch du noch Sarrazin (Vermutung, Vermutung, Erwiesen).

    Analogie für genetisch (wahlweise kulturell, sozialstatuell) Begabte: Ich muss einen Beweis nicht führen können um einen unzureichenden Versuch zu vernichten.

  5. Raphael :
    Wie oben angedeutet, sehe ich Probleme ursächlich eher mit dem Sozialstatus denn mit Herkunft verknüpft. Wenn Menschen bestimmter Herkunftsländer/-kulturen vermehrt niedrigen Status haben, kann man sich darüber Gedanken machen, warum das so ist.

    “[...]ich hab’ nichts gegen Fremde. Einige meiner besten Freunde sind Fremde. Aber diese Fremden da sind nicht von hier!”
    (#Zitateraten)

  6. > Aha. Mathematische Beweise sind unwissenschaftlich…
    Das war hoffentlich ein Scherz. Falls nicht: Es ging schon um eine unwiderlegbare _These_, nicht irgendetwas unwiderlegbares. Auf einen Beweis dürfte der Begriff ohnehin nicht anwendbar sein, denn er ist selbst keine Aussage, sondern entweder ein Beweis oder nicht.

    > Das richtig zu machen ist der Job von Soziologen
    D’accord. Aber das heißt nicht, dass wir nicht mögliche Lösungen erdenken dürfen, oder?

    > Ich muss einen Beweis nicht führen können um einen unzureichenden Versuch zu vernichten.
    D’accord. Man muss unter Umständen auch nichtmal den Beweisversuch kennen, um Vernichtungsversuche des Beweises zu vernichten. Das versuchte ich mit meinem Beitrag oben.

    Zum fiktiven Zitat: Hä?
    Um meine Haltung nochmal klar zu formulieren: Ich habe keine Abneigung gegenüber Menschen aufgrund ihrer Herkunft, nur aufgrund ihres Verhaltens. Ob der Sozialschmarotzer Deutscher, Türke, …, oder Albaner ist, ist mir ganz herzlich egal. Ich mag ihn nicht.

  7. >> Das richtig zu machen ist der Job von Soziologen
    >D’accord. Aber das heißt nicht, dass wir nicht mögliche Lösungen erdenken dürfen, oder?

    Dürfen schon, einen Anspruch auf Fundiertheit/Korrektheit anmelden: Nein. Und wenn wir es doch tun, Gegenwind erdulden müssen.

    > Man muss unter Umständen auch nichtmal den Beweisversuch kennen, um Vernichtungsversuche des Beweises zu vernichten. Das versuchte ich mit meinem Beitrag oben.

    Du hast meine Aussage falsch verstanden (“Das ist unwiderlegbar!” –> Ist es nicht, ich erkenne nur deine Schlussfolgerung aus der Quelle nicht an, da sie nicht zwangsläufig ist und du keine weiteren Hinweise gibst), denkst aber dass dein Gegenargument (“So diskutiert man nicht!”) immer noch gilt?

    Das Zitat (für alle Nichtgoogler) ist aus Asterix. Ich fand das passte so schön.
    Ich kann auch eine etwas nähere Paraphrasierung wählen, um die Scheinheiligkeit Deiner “plausible deniability” zu illustrieren:
    “Ich habe nichts gegen Ausländer, nur gegen Sozialschmarotzer. Doof dass das alles Ausländer sind.”

    PS: Deine Captchas sind NSFW, ich musste grade “clit” eintippen.

  8. > einen Anspruch auf Fundiertheit/Korrektheit anmelden: Nein
    Einverstanden. Ich hoffe, ich habe solchen nirgends aus Versehen suggeriert.
    Naja, wenn ich über solche Themen sachlich fundiert _und_ PC drei A4-Seiten lang referieren könnte, wäre ich Politiker…

    > [...] Doof dass das alles Ausländer sind.”
    Sowas würde ich nie behaupten. Hier bin nicht ich scheinheilig, sondern du unterstellend.

    Fakt ist aber sehr wohl, dass man bei schmarotzenden Ausländern andere Handlungsmöglichkeiten hat als bei deutschen Staatsbürgern, nämlich Ausweisung bzw. von vorneherein Einreiseverweigerung, wenn gewisse Mindestkriterien nicht erfüllt sind.

    Disclaimer: Ich benutze das Wort “Ausländer”, weil es die angesprochene Personengruppe in meinen Augen präzise beschreibt (anders als “mit Migrationshintergrund”), nicht weil ich die Ansicht der PCler vertrete, es sei eine Beleidigung.

  9. >> [...] Doof dass das alles Ausländer sind.”
    > Fakt ist aber sehr wohl, dass man bei schmarotzenden Ausländern andere Handlungsmöglichkeiten hat als bei deutschen Staatsbürgern,

    Ach, JETZT verstehe ich dich! Du willst also den Sozialschmarotzern an den Kragen und fängst bei denen an, die keinen deutschen Pass haben, weil die das einfachere Ziel sind.

    Erlaube mir noch ein abschließendes Zitat zu bringen. Das sollte dir bekannt sein. Schließlich warst du auch mal Hiwi und hast einen entsprechenden Diensteid geleistet.

    “Artikel 3
    (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
    [...]
    (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.”

  10. Schon sehr kindisch, wie du permanent versuchst, aus meinen Aussagen Ausländerhass herauszuziehen. Jetzt verstehe ich, warum du hier feige anonym postest; mir wäre das auch peinlich. Wie wäre es, wenn du mal mit der Annahme startest, ich sei nicht ausländerfeindlich, um dann festzustellen, dass es möglicherweise andere Gründe für meine Haltung gibt? Dass sowas möglich ist, hast du ja selbst vorgemacht.

    Um den Spieß mal herumzudrehen: Findest du es richtig (lies: moralisch vertretbar gegenüber Bürgern dieses Landes), dass man akzeptiert, dass Menschen das Sozialsystem vorsätzlich belasten, obwohl man die Möglichkeit hätte, das zu verhindern? Findest du es moralisch vertretbar, dass Menschen gezielt ein Sozialsystem ausnutzen in dem Wissen, dass sie damit anderen Menschen zur Last fallen?

    Du interpretierst Artikel 3 falsch. Ich habe lernen müssen, dass er sich nur auf die Anwendung eines gegebenen Gesetzes bezieht, nicht die Gesetzgebung selbst (“vor dem Gesetz gleich”, nicht “gleich”). Ansonsten bestünde ja schon mit Artikel 12a Absatz (1) GG ein Widerspruch.

    Insbesondere gibt es ja bereits Regeln, die zur Ausweisung von Nichtbürgern herangezogen werden können. Da könnte man geeignete Kriterien hinzufügen, ohne sich auf ethisches Glatteis zu bewegen (imho). Ein Staat sollte sich gegen offen begangenen Diebstahl wehren dürfen, finde ich; tatsächlich tun das ja auch so gut wie alle anderen (“westlichen”) Staaten außer uns. Um hier in Schweden eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen, muss ich zB Beschäftigung im Land nachweisen.

  11. Ich versuche nichts herauszulesen, ich halte dir einen Spiegel vor, der zeigt auf was für ein Terrain du dich mit deinen Aussagen begibst. Dafür ist meine Person nicht relevant.
    Und dieser Spiegel verzerrt noch nicht einmal böswillig.

    Wenn du andere Gründe hast, wenn du deine Aussagen anders meinst, dann sprich doch die richtiggestellte Aussage aus. In klaren Worten. So klar wie meine Paraphrasen. Verzichte auf deniability und beende das Spiegelfechten. Sonst muss ich weiter versuchen, das richtige rauszulesen.

    #################################
    “Du bist nicht dafür verantwortlich was du sagst, sondern was die anderen verstehen.” (Watzlawik)
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    Machen wir das ganze doch mal abstrakter:
    Selbst wenn der Staat trotz Art. 3 GG das Recht hat, diskriminierende (im Wortsinn von “Unterscheidende”, anhand der Merkmale von Art. 3(3) nämlich) Gesetze zu erlassen ergibt das keine Begründung, das in diesem Fall zu tun. (Ja, die gibt es natürlich: Wehrpflicht,…)

    Du hingegen versuchst ein Problem (“offener Diebstahl durch Sozialschmarotzer”) durch systematische Ungleichbehandlung aufgrund des Merkmals Herkunft (wahlweise: völkerrechtlicher Status) zu lösen.

    Du begründest diese Ungleichbehandlung womit? Mit genetischen Veranlagungen? Mit kultureller Prägung? Das gibt zumindest der Kontext her. Ist ein türkischer Sozialschmarotzer schlimmer als ein deutscher? Oder ist der nur das einfachere Ziel? (Ab in den Flieger und die Sache ist gegessen?)
    Wörtlich begründest du sie gar nicht. Also Willkür?

    Der Staat hat Möglichkeiten, sich gegen einen “offen begangenen Diebstahl” (Ich klaue meinem Sachbearbeiter den Stempel???) zu wehren. Die stehen im Strafgesetz. Er hat auch Möglichkeiten, sich gegen das Erschleichen von Sozialleistungen (das meinst du sicher) zu wehren, mit Strafgesetz und Sozialgesetzen. Und die sind unabhängig von den genetischen, völkerrechtlichen oder kulturellen Attributen der Person gültig. Und ihre Anwendung erfolgt auch egalitär, zumindest sollte man das in einem Rechtsstaat annehmen. Diese Möglichkeiten werden von den zuständigen Organen auch genutzt. Ob diese Möglichkeiten stärker genutzt werden sollten ist eine andere Diskussion. (Ich denke: Nein)

    Ganz davon abgesehen dass es “eigentlich” um Integration geht, nicht um “Sozialschmarotzertum”. Die Existenz letzteren habe ich übrigens netterweise (um die Diskussion nicht ganz zu beenden) mal angenommen, obwohl sie bisher durch nichts als dein schwummriges Bauchgefühl und Bildzeitungsanekdoten gestützt wurde. Ich bin auch weiter dazu bereit, als Diskussions-Axiom diese Existenz anzunehmen.

  12. Und um mir nicht nachsagen lassen zu müssen, ich würde nicht auf dich eingehen:

    > Findest du es richtig (lies: moralisch vertretbar gegenüber Bürgern dieses Landes), dass man akzeptiert, dass Menschen das Sozialsystem vorsätzlich belasten, obwohl man die Möglichkeit hätte, das zu verhindern?
    Ja, finde ich. Ein Rechtsstaat darf sich nicht jedes Mittels bedienen um ein Ziel zu erreichen. Das zeichnet ihn aus. Ganz davon abgesehen dass ich das nicht für ein erstrebenswertes Ziel halte.

    > Findest du es moralisch vertretbar, dass Menschen gezielt ein Sozialsystem ausnutzen in dem Wissen, dass sie damit anderen Menschen zur Last fallen?
    Das muss nicht ICH moralisch vertreten, sondern diese Menschen.

  13. Ganz davon abgesehen sind diese Fragen weder relevant noch sonderlich sinnvoll:

    > Findest du es richtig (lies: moralisch vertretbar gegenüber Bürgern dieses Landes), dass man akzeptiert, dass Menschen das Sozialsystem vorsätzlich belasten, obwohl man die Möglichkeit hätte, das zu verhindern?
    Du postulierst dass es diese Menschen gibt, dass es eine relevanz große Zahl von ihnen gibt, dass sie eine freie Wahl haben, und dass es eine externale (nicht aus dem freien Entschluss dieser Menschen herrührende) und vor allem viable Möglichkeit gibt, das zu ändern.
    Alle diese drei Annahmen teile ich nicht.

    Du postulierst dass ich mich moralisch gegenüber den anderen Bürgern dieses Landes rechtfertigen muss. Das muss ich nicht. Damit ist diese Frage irrelevant.

    > Findest du es moralisch vertretbar, dass Menschen gezielt ein Sozialsystem ausnutzen in dem Wissen, dass sie damit anderen Menschen zur Last fallen?
    Du postulierst dass es Menschen gibt, die das Sozialsystem ausnutzen. Du postulierst dass sie es gezielt und aus niedrigen beweggründen tun. Du postulierst dass sie damit anderen Menschen zur Last fallen.
    Alle diese Annahmen muss ich nicht teilen. Damit ist deine Frage irrelevant.

    Du postulierst dass ich mich darum schere, wenn andere Leute belastet werden, oder dass ich unter den belasteten bin. Das ist nicht zwingend.

    Du nimmst an, dass es eine Dichotomie gibt: Ich finde das richtig vs. Ich muss auf seine Abschaffung hinstreben.
    Das ist dumm. Oder ganz schlecht manipulativ. Was von beiden weisst nur du.

    Summa Summarum haben die Fragen (und damit die Antworten) die Relevanz von “Alle meine Entchen” im Rahmen dieser Diskussion.

    Ich habe trotzdem mal geantwortet.

  14. Ich lasse das jetzt mal so stehen, da ich weder Zeit noch Lust habe, weiter darauf einzugehen. Der vorbeischauende Leser möge sich ein eigenes Bild bilden, wer hier mit dem komischeren Weltbild auf dem höheren Ross sitzt.

    Nur zwei Sätze zu Watzlawik: Der Satz impliziert eine Verantwortung, der niemand gerecht werden kann. Dass Bedeutung beim Empfänger entsteht, stimmt aber.

  15. Zum Fall Sarrazin « time for sheep(s) - pingback on September 28th, 2010 at 19:02

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